Autor: Béatrix Rautenberg

Photo-Alchemie

”I am a great admirer of mystery and magic. Look at this life – all mystery and magic.” – Harry Houdini An einem trüben Samstagnachmittag war ich ganz allein im Atelier. Mit ruhiger sphärischer Klaviermusik von Nils Frahm auf den Ohren, ließ ich auf Photos, die ich vorher auf Pappe aufgezogen hatte, Bienenwachs verlaufen. Die Ränder der kleinen Rechtecke vergoldete ich mit Acrylfarbe, kratzte Rillen in das Wachs, rieb die schimmernde Farbe hinein und experimentierte mit Oilpaintsticks. Auf einmal war ich komplett in meiner Welt, vertieft in den intuitiven Prozess und dabei sehr entspannt und glücklich. Es fühlte sich wie ein geheimnisvolles Experimentieren an, wie das Veredeln einfacher Materialien (Pappe, Acrylfarbe, Farbfotokopien, Wachs) zu etwas Magischem. Ein paar Wochen später, als ich wieder im Atelier war, ging mir plötzlich das Wort Alchemie wie ein Blitz durch den Kopf. Ja, so hatte es sich angefühlt, wie ein alchemistischer Vorgang. Ich erinnerte mich an einen Roman, den ich mit 19 Jahren gelesen hatte, der mich damals sehr beeindruckt hatte: “L’Oeuvre au Noir” von Marguerite Yourcenar. In diesem Buch …

Lichtblicke

„There is a crack, a crack in everything That’s how the light gets in.“ – Leonard Cohen Es gibt Momente, in denen ich das Gefühl habe, mein Leben würde nur aus lauter Rissen und Brüchen bestehen. Alles ist so chaotisch, improvisiert, kaputt und irgendwie zusammengeschustert. Da überfordert mich alles, ist alles zu laut und zu anstrengend. Und dann plötzlich ist da wieder Licht, das durch diese Risse scheint – z.B. Freunde, die nicht werten, sondern mich wirklich sehen und mit mir den chaotischen Alltag leben. Wir kochen uns gemeinsam ein gutes Abendessen, trinken Wein oder Wasser, reden und lachen gemeinsam. Das Schwere weicht und Leichtigkeit strömt in mein Leben hinein. Es gibt Momente, in denen ich mich völlig uninspiriert fühle und denke, ich müsste alles anders machen. Mehr machen, es besser machen. Dann versuche ich, etwas zu erzwingen, photographiere etwas, das mir nichts bedeutet, bin unzufrieden. Schließlich gehe ich durch den schweren Vorhang, der den Hinter- vom Vorderraum des Ateliers trennt und koche mir enttäuscht erst einmal eine Tasse Tee. Doch beim Zurückgehen sehe ich, wie das Licht …

Klarheit und Aufblühen

2017 hat bei mir mit dem starken Impuls angefangen, mehr Klarheit in mein Leben zu bringen und dafür erst einmal grundlegend Ordnung/Übersicht zu schaffen. Zwei Drittel meiner Bibliothek habe ich unter anderem aussortiert und damit zwei große weiße Regale für mein Arbeitszimmer gewonnen. Im nächsten Schritt habe ich gemerkt, wie viel leichter ich es mir danach wieder “schön” machen konnte, Lust hatte, Kerzen aufzustellen und dann einfach ganz in Stille den neuen Freiraum genossen habe. Eine tolle Basis für die Pläne, die ich für das neue Jahr bereits geschmiedet habe und für all die weiteren Ideen, die noch zu mir finden möchten. Während für 2017 somit eindeutig das Wort “Klarheit” steht, stand 2016 im Zeichen der “Vernetzung”. Tatsächlich sind viele wunderbare Menschen neu in mein Leben getreten und bereits vorhandene Verbindungen gefestigt worden. Diese Freundschaften haben mir in dem erneut sehr turbulenten Jahr 2016 Halt gegeben und mir immer wieder Hoffnung geschenkt. Durch den Austausch mit meiner guten Freundin Cathy ist zudem die Idee entstanden, zwei Dinge, die mir schon lange am Herzen liegen, endlich miteinander zu verbinden: meine …

Introducing: Dein PhotoPlay-Lab

Es mag am Herbst liegen oder einfach nur daran, dass ich vor nicht allzu langer Zeit schon wieder ein Jahr älter geworden bin, jedenfalls war ich in den letzten Tagen in eine richtige Nostalgiestimmung verfallen. Ich habe alte Familienphotos hervorgekramt und darin gestöbert. Meine Lieblingsbilder habe ich kopiert, mit ins Atelier genommen und mit ihnen gespielt. Ich habe einfach verschiedene Techniken ausprobiert, um aus diesen Kopien schöne Erinnerungsbilder zu gestalten. Es gibt so unendlich viele Möglichkeiten, um die Kopien auf verschiedene Untergründe zu transferieren und sie dann kreativ weiterzugestalten. Acrylfarben kamen bei mir schließlich zum Einsatz und Wachs – echtes Bienenwachs! Das duftet wunderbar und zaubert eine samtig-weiche Oberfläche, die man am liebsten ständig streicheln möchte! Das Gestalten mit diesen alten Photos hat viele Erinnerungen in mir geweckt und wie es dann so ist, musste mir am Wochenende auch noch eine zwanzig Jahre alte CD in die Hände fallen… 20 Jahre!!! Ich hatte mir den Sampler “The Story of Mo’Wax”während meiner ersten Studiensemester in Mainz in einem schönen kleinen Musikladen gekauft. Dort bin ich hingegangen, weil …

Einladung zu „Papier et Poésie“

 «On ne peut trouver de poésie nulle part, quand on n’en porte pas en soi.» „Man kann Poesie nirgendwo finden, wenn man sie nicht in sich trägt.“ – Joseph Joubert, De la poésie, XLV- (1866) Was verbindet meine farbverliebten Photographien und Bilder mit den meist weißen Papierwelten von Anja Shahinniya? Wir finden, es ist das Poetische und unsere gemeinsame Liebe zu schönem Papier… eben einfach „Papier et Poésie“. Außerdem mögen wir es gerne nostalgisch und es darf auch immer ein wenig französischer Charme dabei sein… Vom 24.06. bis zum 26.06.2016 laden wir dich herzlich zu unserer Ausstellung in mein Ladenatelier „LA CRÉMERIE“ ein, um gemeinsam auf die poetischen Seiten unseres Lebens und unserer Träume anzustoßen! Herzliche Grüße Béatrix Rautenberg Frei, 24.6. (Vernissage) 17:00 – 20:00 Uhr Sa, 25.6. 11:00 – 17:00 Uhr So, 26.6. 15:00 – 19:00 Uhr Ladenatelier La Crémerie, Zaubzerstr. 1, 81677 München (U4 Prinzregentenplatz)

Vive la liberté

Dieses Gefühl begleitet mich schon seit Jahrzehnten: Ich bin irgendwie nicht richtig. Mein Blick betrachtet mich selbst von außen und bewertet und vergleicht. Wie siehst du aus, was redest du, wie verhältst du dich, was hast du zu bieten? Auch wenn diese Selbstzweifel im Laufe der Jahre weniger geworden sind, so ist es doch immer noch so, dass es Bereiche gibt, in denen ich mich besonders nach Anerkennung und Akzeptanz sehne. Einer davon ist sicherlich meine Kunst. Darf ich das überhaupt so nennen, ist das Kunst? So fangen meine Stimmen in mir an zu sprechen. Und doch, seit einiger Zeit merke ich besonders deutlich, dass mich das nicht weiterbringt und ich meinen Weg einfach nur für mich in die Richtung weitergehen möchte, in die es mich gerade lenkt. Ich gestalte Bilder nicht, um auf Facebook Likes zu bekommen und sie laufen auch nicht einem kommerziellen Erfolg hinterher. Meine Bilder entstehen von Innen heraus und nach einer längeren Phase des Stillstandes suche ich neue Wege. Daraus erwachsen gerade Mixed-Media-Photographien, die esoterisch, vielleicht kitschig wirken können. Die …

Zwei Lebensweisheiten, die ich von Matisse gelernt habe

Seit meiner Jugend liebe ich die Arbeiten von Matisse. Es waren vor allem die farbenfrohen “gouaches découpées”, seine Scherenschnitte aus eingefärbtem Papier, die mich unmittelbar berührten. Als ich dann nach dem Abitur mit einer Freundin nach Vence reiste, konnte ich sogar in der Villa übernachten, in der Matisse in den Kriegsjahren unweit von Nizza gelebt hatte. Ich ahnte in diesem Urlaub, was ihn an Südfrankreich begeistert hatte: das besondere Licht, das milde Klima, die Farben und Düfte der Provence. Anlässlich des PhotoZen-Onlinekurses habe ich mich im letzten Jahr noch einmal intensiver mit Matisse beschäftigt und war wieder fasziniert von der inspirierenden Lebensgeschichte des Künstlers. Wer weiß, wozu es gut ist? Matisse verbrachte in einer späteren Lebensphase einen längeren Aufenthalt auf Tahiti. Die Zeit dort auf der Insel empfand er als unproduktiv. Erst Jahre danach beeinflusste seine Reise in die Südsee auf grandiose Weise sein Werk, als die Formen und Farben Polynesiens in seine organischen Scherenschnitte einflossen. Für mich zeigt dies, dass man nicht immer aus allem gleich “etwas machen” muss. Alle Erfahrungen, die wir sammeln, können …

Wann warst du wirklich lebendig?

Als mein Sohn anderthalb Jahre alt war, besuchte ich das erste Mal seit seiner Geburt einen Kurs. Zwei Tage Papierschöpfen im ÖBZ in München, das war für mich ein Ereignis, denn bis dahin hatte ich meinen Kleinen immer nur kurz mit seinem Papa allein gelassen. Dieses Wochenende bleibt für mich unvergesslich: Es war Herbst, die Sonne schien und der Kurs fand größtenteils an der frischen Luft auf dem schönen ÖBZ-Gelände statt. Ich lernte etwas völlig Neues und konnte ganz frei herumexperimentieren. An beiden Abenden nach dem Workshop war ich wie euphorisch: Ich fühlte mich so lebendig und glücklich wie schon lange nicht mehr. Was ist es, was dich lebendig fühlen lässt? Ist es der Sport, die Musik, der Tanz, das Fahrradfahren, die Gartenarbeit, die Photographie? An welches Ereignis, welchen Moment, kannst du dich erinnern, an dem du dich in deinem Leben wirklich glücklich gefühlt hast, völlig im Flow warst? Wir alle neigen dazu, im Alltag festzustecken und zu vergessen, was uns wirklich gut tut. Doch diese besonderen Momente sind nicht von unserer Festplatte zu löschen und manchmal …

Die zwei besten Freunde der Kreativität

Vor kurzem war ich ein ganzes Wochenende lang allein – ohne Familie und Freunde. Ich habe nichts Besonderes unternommen, bin sogar kaum vor die Tür gegangen und habe diese drei Tage wahnsinnig genossen. Sie haben mir gegeben, was ich so dringend nötig hatte: Zeit und Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Zeitmangel und Angst sind die größten Feinde der Kreativität, auch wenn manch einer etwas anderes behauptet. Natürlich gibt es geniale Einfälle, die unter großem (Zeit)Druck entstehen. Doch nur mit genügend Zeit und Vertrauen kann man überhaupt kreativ werden. Eine Idee wächst oft langsam, setzt sich aus den unterschiedlichsten Bausteinen zusammen und dann braucht es das nötige Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, um sie wirklich umzusetzen. „Courage is: Feeling the fear, diving in anyway, transforming.“ – Kate Swoboda Während meines Retreats konnte ich drei Tage lang in meinem eigenen Rhythmus arbeiten, ausruhen, essen und schlafen. In dieser Zeit wollte ich Klarheit darüber gewinnen, in welche Richtung ich weitergehen möchte. Daher habe ich mir meine Inspirationsboards (teilweise auch über Pinterest) zusammengestellt und vieles davon einfach an eine Wand in meinem Arbeitszimmer geklebt. Vor allem …